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Diagnostik und Verlaufskontrolle
Die initiale Diagnostik bei Verdacht auf eine Multiple Sklerose (MS) ist komplex. Sie fußt auf
- der Anamnese,
- der klinisch-neurologischen Untersuchung sowie
- einer Liquoruntersuchung,
- einer Magnetresonanztomographie (MRT) und
- insbesondere dem Ausschluss anderer Erkrankungen als Ursache der Symptomatik.
Voraussetzung für die Diagnose „Multiple Sklerose“ ist entsprechend den aktuellen McDonald-Kriterien ein Nachweis der räumlichen und/oder zeitlichen Dissemination.1
Andere Ursachen der Beschwerden als eine Multiple Sklerose ausschließen
Aufwändig kann insbesondere der Ausschluss anderer Ursachen der Symptomatik sein. Dabei müssen differenzialdiagnostisch chronisch-infektiöse Erkrankungen (Neurolues, Borreliose, HIV-Infektion) sowie Kollagenosen, Vaskulitiden und Leukodystrophien und auch Sonderformen entzündlich-demyelinisierender Erkrankungen (z. B. Neuromyelitis optica oder akute disseminierte Enzephalomyelitis) ausgeschlossen werden.1
Obligate Laboruntersuchungen bei Verdacht auf eine Multiple Sklerose
Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und des Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) sind nachfolgend aufgeführte Laboruntersuchungen obligat:1
- CRP
- großes Blutbild
- Serumchemie
- Blutzucker
- Vitamin B12
- Rheumafaktoren
- ANA
- Anti-Phospholipid-Antikörper
- Anti-ds-DNS-Antikörper
- Lupus-Antikoagulans
- ACE
- Borrelien-Serologie
- Urinstatus
Fakultativ durchzuführen sind bei klinisch möglicher Differenzialdiagnose:
- c/pANCA
- ENA-Profil
- Autoantikörper gegen Aquaporin-4
- HIV-Serologie
- HTLV-1-Serologie
- TPHA
- langkettige Fettsäuren
- Mykoplasmen-Serologie
- Methylmalonylausscheidung im Urin
Von diagnostischer Bedeutung ist dabei die Definition des akuten Schubs einer Multiplen Sklerose, wobei die klinischen Ausfälle und Symptome für mindestens 24 Stunden anhalten müssen, mit einem Zeitintervall von mindestens 30 Tagen zum Beginn vorausgegangener Schübe auftreten müssen und nicht durch ein Uhthoff-Phänomen oder eine Infektion erklärbar sein dürfen.
Diagnosestellung der Multiplen Sklerose anhand der McDonald-Kriterien
Im Jahr 2017 erfolgte eine Revision der McDonald-Kriterien, die sich nunmehr durch eine höhere Sensitivität vor allem hinsichtlich der Erfassung eines klinisch isolierten Syndroms auszeichnen.2,3,4 Nach wie vor wird für die Diagnosestellung der Nachweis einer räumlichen und/oder zeitlichen Dissemination gefordert.
Eine räumliche Dissemination ist gegeben bei einer objektivierbaren klinischen Evidenz von mindestens zwei Läsionen oder aber einer Läsion und hoher Wahrscheinlichkeit eines anamnestisch berichteten akuten Krankheitsschubs sowie beim Nachweis von mindestens einer T2-Läsion in mindestens zwei von vier MS-typischen Hirnregionen (periventrikulär, kortikal/juxtakortikal, infratentoriell, spinal). Es wird dabei nicht mehr zwischen symptomatischen und asymptomatischen Läsionen unterschieden.
Eine zeitliche Dissemination liegt vor beim Auftreten von zwei akuten Krankheitsschüben im Abstand von mindestens einem Monat, beim gleichzeitigen Vorliegen einer Gadolinium-aufnehmenden und einer nicht Kontrastmittel-aufnehmenden Läsion sowie beim Nachweis einer neuen T2- und/oder einer Kontrastmittel-aufnehmenden Läsion bei MRT-Verlaufskontrollen im Vergleich zur MRT-Basisuntersuchung und ebenfalls beim Nachweis spezifischer oligoklonaler Banden im Liquor.
Die Diagnose einer schubförmig-remittierenden MS kann nunmehr gestellt werden
- bei mindestens zwei klinisch nachgewiesenen Schüben und objektivierbarem klinischem Nachweis von mindestens zwei Läsionen,
- bei mindestens zwei klinisch nachgewiesenen Schüben und objektivierbarem klinischem Nachweis einer Läsion,
- bei einem klinisch nachgewiesenen Schub und objektivierbarem klinischem Nachweis von mindestens zwei Läsionen
- bei einem klinisch nachgewiesenen Schub und objektivierbarem klinischem Nachweis von einer Läsion.
Fakultativ kann zur Diagnostik auch die Untersuchung der Leit- und damit Funktionsfähigkeit von Nervenbahnen mittels visuell, sensorisch und motorisch evozierter Potenziale herangezogen werden.1
Wichtig ist die regelmäßige Verlaufskontrolle der Multiplen Sklerose
Von zentraler Bedeutung ist die Verlaufskontrolle der Multiplen Sklerose. Angezeigt sind hierzu regelmäßige klinische Untersuchungen einschließlich einer MRT-Untersuchung mit Darstellung von Krankheitsherden im Gehirn und im Rückenmark. Unterstützend können elektrophysiologische Untersuchungen (visuell, sensorisch, motorisch evozierte Potenziale) sowie neurophysiologische Testverfahren sinnvoll sein.
So können zum Beispiel mit dem PASAT (Paced Auditory Serial Addition Test) und mit dem SDMT (Symbol Digit Modality Test) kognitive Einschränkungen dokumentiert und in ihrem Verlauf verfolgt werden. Zur Diagnostik weiterer Einschränkungen und Behinderungen sind außerdem eine Gehstreckenmessung sinnvoll und verschiedene Skalen hilfreich, wie die MSFC-Skala (Multiple Sclerosis Functional Composite) und der EDSS (Expanded Disability Status Scale), durch die insbesondere motorische Behinderungen erfasst werden.1
Auch weitere Begleitsymptome wie auch Begleiterkrankungen der Multiplen Sklerose wie beispielsweise Blasenfunktionsstörungen bedürfen der regelmäßigen Verlaufskontrolle und entsprechender Therapieanpassung. Hierbei gewinnen auch sogenannte Patient-Reported Outcomes und eine Erfassung der Lebensqualität sowie der Kognition an Bedeutung.5
Zunehmende Bedeutung der optischen Kohärenztomographie
Bei der Diagnostik und Verlaufskontrolle der Multiplen Sklerose erlangt derzeit die optische Kohärenztomographie (OCT) zunehmend an Bedeutung. Bei der Untersuchung wird nichtinvasiv mit einem Breitband-Lichtstrahl die Retina quantifiziert untersucht, um den Verlauf einer axonalen Destruktion und damit eventueller neurodegenerativer Veränderungen bei der Multiplen Sklerose in vivo zu erfassen.
Die Besonderheit der Retina besteht darin, dass ein Bündel von Axonen durch das „Fenster" der Pupille direkt einsehbar ist und man so ermitteln kann, in welchen Quadranten die Axondichte bei MS-Patienten reduziert ist.1
Zusammenfassung
Voraussetzung für die Diagnose „Multiple Sklerose“ ist der Nachweis einer räumlichen und zeitlichen Dissemination sowie der Ausschluss anderer Ursachen der klinischen Veränderungen und Symptome. Neben der initialen Diagnostik ist bei der Multiplen Sklerose eine Verlaufskontrolle wichtig, die nicht nur die Entwicklung der Läsionen betrifft, sondern auch weitere potenzielle Veränderungen wie eine motorische Behinderung oder kognitive Einschränkungen sowie allgemein neurophysiologische Auffälligkeiten.
Apropos
Die Aktualisierung der McDonald-Kriterien3,4 zur Diagnostik der Multiplen Sklerose mit deutlich verbesserter Sensitivität vor allem beim klinisch isolierten Syndrom (CIS) wird voraussichtlich zu einer Zunahme der Diagnosestellungen vor allem bei Patienten mit nur geringer Krankheitsaktivität führen.2
Referenzen
- KKNMS-Leitlinie, Stand 13.08.2014: https://www.kompetenznetz-multiplesklerose.de/wp-content/uploads/2016/02/dgn-kknms_ms-ll_20140813.pdf (letzter Zugriff: 24.11.2020)
- KKNMS „Kleiner MS-Leitfaden für Neurologen“, Stand Juli 2014, https://www.kompetenznetz-multiplesklerose.de/wp-content/uploads/2016/12/KKNMS_Faecher_2014.pdf (letzter Zugriff: 24.11.2020)
- Thompson, A.J. et al., Diagnosis of multiple sclerosis: 2017 revisions of the McDonald criteria, Lancet Neurol 2018; 17: 162–173
- Aktas O et al., Nervenarzt 2018; doi: 10.1007/s00115-018-0550-0
- van Munster C E P et al., CNS Drugs 2017; 31, 217–236
In diesem Artikel
- Andere Ursachen der Beschwerden als eine Multiple Sklerose ausschließen
- Obligate Laboruntersuchungen bei Verdacht auf eine Multiple Sklerose
- Diagnosestellung der Multiplen Sklerose anhand der McDonald-Kriterien
- Wichtig ist die regelmäßige Verlaufskontrolle der Multiplen Sklerose
- Zunehmende Bedeutung der optischen Kohärenztomographie
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